Bericht zur Brückenteilzeit

Wetzlarer Nachrichten

In der aktuellen Ausgabe der Wetzlarer Nachrichten (Nr. 2_2018) berichte ich über die Brückenteilzeit: 

Im Lahn-Dill-Kreis wurden 2017 über 2000 Kinder geboren. Einige ihrer Eltern werden nun ihre Arbeitszeit reduzieren. Kinder erziehen, Angehörige pflegen, sich weiterbilden: Es gibt viele Gründe, weshalb Beschäftigte in Teilzeit wechseln. Die Nachteile: Weniger Lohn, geringere Aufstiegschancen und später weniger Rente. Deshalb wollen oder müssen viele später ihre Stundenzahl wieder auf die vorherige Arbeitszeit erhöhen. Bisher haben sie darauf keinen Anspruch und stecken in der Teilzeit fest.

Wer heute für eine bestimmte Zeit weniger arbeiten möchte, muss sicher sein, dass sie oder er nach der Teilzeitphase wieder in die alte Arbeitszeit zurück kann. Diese Brücke wollen wir nun mit der Brückenteilzeit bauen. Wir wollen mehr Arbeitszeitflexibilität schaffen, die zum eigenen Weg und zum eigenen Leben passt. Die Brückenteilzeit ist ein aktiver Beitrag zur Gleichstellung der Geschlechter und hilft Altersarmut zu vermeiden. Vor allem Frauen, als diejenigen, die überwiegend in Teilzeit arbeiten (im Lahn-Dill-Kreis arbeiten ungefähr 20.000 Frauen und nur 4.000 Männer in Teilzeit) würden durch eine Rückkehr in die vorherige Arbeitszeit ein höheres eigenständiges Erwerbseinkommen erzielen und damit auch eine höhere Rente beziehen.

Was ändert sich durch die Brückenteilzeit?

Beschäftigte haben heute schon das Recht in bestimmten Situationen mehr Zeit für ihre Familien zu bekommen. Mit der Elternzeit können Eltern ihre Erwerbstätigkeit vorübergehend unterbrechen, um sich auf die Erziehung ihrer Kinder zu konzentrieren. Mit der Pflegezeit haben Angehörige das Recht für maximal 6 Monate vollständig oder teilweise von der Arbeit freigestellt zu werden, um sich um die Pflege naher Angehöriger zu kümmern. Da 6 Monate manchmal nicht ausreichen, gibt es mit der Familienpflegezeit schließlich noch die Möglichkeit die Arbeitszeit für maximal 24 Monate auf bis zu 15 Stunden zu reduzieren.

Auch steht es allen Beschäftigten frei, in Absprache mit ihren Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, ihre Arbeitszeit grundsätzlich zu reduzieren. Wir wollen diese Möglichkeit nun erweitern. Wir wollen, dass es möglich ist, Brücken zu bauen zu den eigenen Lebensplänen und Lebenslagen – eine Brücke ins Ehrenamt, in die Weiterbildung, in die Verwirklichung eigener Ziele und zurück. Deswegen führen wir nun den Anspruch auf zeitlich begrenzte Teilzeitarbeit ein. Am Ende der Brückenteilzeit kehren die Beschäftigten in ihre vorherige Arbeitszeit zurück.

Wem hilft die Brückenteilzeit?

Von der Brückenteilzeit profitieren diejenigen, die ihre Arbeitszeit aus privaten Gründen zeitlich befristet reduzieren wollen. Die Brückenteilzeit hilft aber auch den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern. Unternehmen können Beschäftigte an sich binden, indem sie ihnen ein Brücke bauen zwischen dem Engagement bei der Arbeit und dem Engagement in anderen Lebensbereichen. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen erhalten so die Möglichkeit, Flexibilität und Verlässlichkeit für die Planung miteinander zu verbinden.

Zeitgleich unterstützen wir auch diejenigen, die jetzt bereits in zeitlich unbegrenzter Teilzeitarbeit sind und gerne mehr arbeiten möchten. Denn wir führen gleichzeitig noch eine weitere Änderung ein: Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen in Zukunft beweisen, dass die Aufstockung einer Teilzeitstelle nicht möglich ist.