Umgang mit der AfD
„Inwieweit soll sich die SPD im Wahlkampf auf Debatten mit der AfD einlassen?“
veröffentlicht als Debattenbeitrag in der aktuellen Ausgabe der spw (Heft 1, 2016)
Die AfD ist eine menschenfeindliche Partei. Ihre ProtagonistInnen fordern wahlweise den Schusswaffengebrauch gegen Flüchtlinge an der Grenze oder beschimpfen den US-amerikanischen Präsidenten als „Quotenneger“. Das alles unterscheidet sich nicht maßgeblich von dem, was viele DemokratInnen in Landes- oder Kommunalparlamenten mit der NPD erleben.
Die NPD wird nicht in Talkshows eingeladen. Ihren menschenverachtenden Vorstellungen wird wenig bis kein Raum in der Öffentlichkeit gewährt.
Der Umgang mit der AfD ist nicht so klar und das hat aus meiner Sicht zwei Gründe. Erstens mit der Genese der Partei, die erst als Euro-kritisch auftrat und sich mehrfach häuten musste bevor ihr tiefbrauner Kern offen zu Tage trat. Die Entstehung einer Partei rechts von CDU/CSU ist politisch und medial spannend und so fanden Gestalten wie Björn Höcke einen Weg in die Prime-Time-Talkshows.
Und zweitens mit einer politischen und gesellschaftlichen Entwicklung, in der sich auch etablierte demokratische Parteien nach rechts öffnen und damit Grenzen verschwimmen. Demokratische Politik als solche wird nicht mehr als glaubwürdig und problemlösend betrachtet.
In diesem gesellschaftlichen Klima, in dem diejenigen, die Ängste, Vorurteile und Ressentiments haben, mehr Gehör finden ,als diejenigen – und die sind die klare Mehrheit – , die Vertrauen in unsere Demokratie, unseren Rechts- und Sozialstaat haben, verflüchtigt sich ein demokratischer gesellschaftlicher Konsens.
Dieser bestand lange Zeit in dem, was unsere Geschichte lehrt und unser Grundgesetz schreibt. Kurz gefasst: alle Menschen sind gleich – gleich viel Wert und von gleicher Würde.
Etwas hat sich geändert. Nicht die massenhafte Gesinnung hat sich geändert. Rassistinnen und Rassisten gab es immer schon. Und sie durften auch schon immer ihre Meinung sagen – aber es wurde ihnen hart widersprochen statt Beifall geklatscht. Sie waren die AußenseiterInnen (und wer ist das schon gern) und nicht die gefragten besorgten BürgerInnen.
Die Zeit, in der die AfD wie die NPD in eine klare rechtsradikale, menschenfeindliche Ecke hätte gestellt werden können, ist – wenn es sie denn gab – vorbei.
Das bedeutet, wir müssen uns mit ihr offensiv auseinandersetzen.
Die sittlichen Grenzen politischer Diskussion liegen nicht mehr zwischen Parteien, wie man es mit der NPD und dem Verbotsantrag handhabt, sondern sie liegen quer dazu in sozial- und gesellschaftspolitischen Fragen.
Nicht die Mitgliedschaft in einer Partei ist hier das Argument gegen eine politische Auseinandersetzung, sondern wenn rassistische Menschenbilder vertreten, eine sachliche Debatte bewusst verhindert oder demokratische Debattenregeln und Grundkonsense verlassen werden.
Unsere Aufgabe als SozialdemokratInnen ist es, in der Auseinandersetzung mit der AfD unser klares Profil der Gleichheit und Menschlichkeit, die Glaubwürdigkeit der Politik für konkrete Problemlösung zu schärfen. Denn es sind unsere Grundwerte, unsere historische Erfahrung und unsere historischen Verdienste, die aus Deutschland einen freien und demokratischen Sozialstaat gemacht haben.