Flucht
Täglich erreichen uns neue erschütternde Bilder und Meldungen von Menschen, die teilweise unter Einsatz ihres Lebens Schutz in Europa suchen.
Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks UNHCR der Vereinten Nationen aus dem Jahre 2014 sind fast 17 Mio. Frauen, Männer und Kinder aus ihren Heimatländern weltweit geflohen oder auf der Flucht. Deutschland erwartet in diesem Jahr mindestens 800.000 Menschen, die einen Asylantrag stellen werden. Menschen Schutz und Zuflucht zu gewähren, die wegen Krieg, Bürgerkrieg und Verfolgung ihre Heimat verlassen müssen, ist nicht nur Teil unserer Verfassungsordnung: Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist es auch Teil unserer politischen Identität.
Europa ist für die Menschen, die kommen, das Ziel großer Hoffnungen auf eine bessere Zukunft. Sie suchen Freiheit und Sicherheit.
Deutschland kann sicher nicht über Jahre hinweg eine unbegrenzte Zahl an Flüchtlingen aufnehmen. Und wir unterschätzen auch nicht die Konflikte, die mit der hohen Zahl an Zuwandererinnen und Zuwanderern in kurzer Zeit bei uns entstehen werden. Wer Asyl für Verfolgte in großer Zahl und dauerhaft in unserem Land ermöglichen will, muss gleichzeitig auch diejenigen zur Rückkehr in ihre Heimatländer bewegen, denen keine Verfolgung, Krieg oder Bürgerkrieg droht. Allerdings sollten uns auch dabei Humanität und Verständnis leiten. Denn wer von uns würde sich nicht auch auf den Weg machen, um seinen Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen, wenn wir in so hoffnungslosen Lebensumständen leben müssten, wie viele Angehörige der Roma in manchen Staaten Südosteuropas? Der verächtliche Hinweis, dies seien doch „nur Wirtschaftsflüchtlinge“, ist fehl am Platz.
In unserem Land und in Europa wird jetzt über den richtigen Umgang mit dieser großen Herausforderung gerungen. Wenn dabei der Ruf nach Abschottung und Abschreckung immer lauter wird, dann muss es uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten um die Besinnung auf genau diese Grundwerte gehen, auf die so viele Menschen in Not bauen, wenn sie auf Europa blicken.
Wahr ist:
- Zuerst müssen wir eine menschliche und sichere Aufnahme für alle Flüchtlinge in Deutschland schaffen. Ganz egal, ob jemand später Asyl bekommt oder nicht: Jeder Mensch, der zu uns kommt, braucht eine angemessene Unterbringung und Versorgung. In einem der reichsten Länder der Erde darf es keine fehlende medizinische Versorgung und keine dauerhaften Behelfsunterkünfte geben.
- Kaum etwas ist nach der Erstaufnahme der Flüchtlinge so wichtig, wie eine schnelle Entscheidung über den Aufenthaltsstatus der Menschen. Einige Herkunftsländer (wie z.B. Syrien) führen nahezu sicher zur Anerkennung im Asylverfahren. Andere Herkunftsländer ebenso sicher zur Ablehnung. Wenn beide Gruppen monate- und manchmal jahrelang auf ihre Bescheide warten müssen, dann stimmt in unserem System etwas nicht.
- Der wichtigste Ort sowohl für die Integration der Flüchtlinge als auch für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft sind die Städte und Gemeinden – sie brauchen sofortige Hilfe! Unsere Kommunen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Verwaltungen genauso wie viele ehrenamtlich aktive Menschen leisten ungeheuer viel und sie können vor Ort vieles besser als Länder und Bund es könnten. Aber ihre Integrationsaufgaben – Kitas und Schulen erweitern, Wohnungen bauen, soziale und kulturelle Angebote entwickeln und ihre Stadtgesellschaften für die Zuwandererinnen und Zuwanderer öffnen – können sie kaum mehr leisten, wenn sie alle finanzielle Kraft für die Kosten der Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge einsetzen müssen. Der Bund muss deshalb die Kommunen von den Kosten der Flüchtlingsaufnahme umfassend, dauerhaft und strukturell entlasten.