Notwendiger humanitärer Schritt | 13.03.2020

Geflüchteten Kindern helfen

Es ist erschütternd, dass Geflüchtete, tausende Kinder unter ihnen, in griechischen Aufnahmelagern unter untragbaren Lebensbedingungen ausharren müssen. Es ist beschämend, dass es die Europäische Union nicht schafft ein paar Tausend Geflüchtete aufzunehmen und gerecht zu verteilen. Dabei gibt es keine richtige Zahl. 5.000 ist für den 5001 Flüchtling eine so schlimme Zahl wie 500. Es ist gut, dass wir uns am Sonntag im Koalitionsausschuss auf einen notwendigen humanitären Schritt geeinigt haben: 1.500 besonders schutzbedürftigen Kindern soll jetzt schnell geholfen werden. Deutschland wird gemeinsam mit anderen EU-Mitgliedstaaten diese Kinder aus griechischen Lagern aufnehmen. Es handelt sich dabei um Kinder, die entweder wegen einer schweren Erkrankung dringend behandlungsbedürftig oder aber unbegleitet und jünger als 14 Jahre alt sind, die meisten davon Mädchen. Unsere humanitäre Hilfe haben wir konsequent und schnell, zum Beispiel durch das Bereitstellen von Zelten und Betten, ausgeweitet. Außerdem stehen das THW und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesministeriums für Migration und Flüchtlinge den griechischen Behörden vor Ort unterstützend zur Seite. Gleichzeitig arbeiten wir weiter mit Hochdruck an einer europäischen Lösung, die sich nicht nur auf die akute Situation in Griechenland konzentriert, sondern auch den dafür ursächlichen Bürgerkrieg in Syrien im Blick behält. Es ist uns bewusst, dass das bei weitem nicht ausreicht, um der katastrophalen Situation vor Ort Herr zu werden. Es ist aber leider das Maximum dessen, was wir angesichts der derzeitigen Mehrheiten erreichen konnten.

Da zurzeit viele Bürgerinnen und Bürger an mich herantreten, weil sie sich über das Abstimmungsverhalten der SPD-Bundestagsfraktion zum Antrag der Grünen letzte Woche ärgern (hier meine Erklärung zu meinem Abstimmungsverhalten), möchte ich hier noch einmal kurz darauf eingehen: Unsere Stimmen hätten dem Antrag der Grünen keine Mehrheit gebracht. Die Mehrheit in unserem Parlament liegt leider rechts der Mitte und von unseren im Parlament vertretenen sogenannten christlichen Parteien ist hier keine Einsicht zu erwarten. Es wäre folglich keinem einzigen Kind an der griechischen Grenze geholfen und Deutschland hätte stattdessen zusätzlich zu den derzeitigen massiven politischen Problemen eine handfeste Regierungskrise.

Denn wir haben als Koalition – so wie alle Koalitionen auch in den Ländern – vereinbart nicht gegeneinander zu stimmen bzw. einem Antrag nur zuzustimmen, wenn alle drei Koalitionsfraktionen zustimmen. Diese gegenseitige Versicherung ist eine Notwendigkeit, um verlässliches Regieren zu ermöglichen. Hätte die SPD dem Antrag der Grünen oder einem anderen Antrag einer Oppositionspartei zugestimmt, hätte sie somit eine der zentralsten Vereinbarungen einer jeden Koalition aufgekündigt. Eine der Folgen wäre gewesen, dass sich die Fraktionen von CDU und CSU – wenn sie die Koalition nicht gleich aufkündigen – zukünftigen sozialdemokratischen Vorhaben mit dem Verweis auf die fehlende Verlässlichkeit der SPD verweigern oder – im Zweifel noch schlimmer – für die Anträge anderer (rechter und rechtsextremer) Oppositionsfraktionen stimmen.

Statt also dem Antrag der Grünen zuzustimmen und eine Regierungskrise in Kauf zu nehmen, haben wir uns im Koalitionsausschuss am Sonntag für den oben erwähnten notwendigen humanitären Schritt stark gemacht. Grundsätzlich bin ich überzeugt: Mit einer starken linken Mehrheit, hätten wir eine andere deutsche Asylpolitik. Wenn die SPD bei Wahlen nur 20 Prozent bekommt, kann sie nicht 100 Prozent in der Regierung durchsetzen. Im Übrigen stimmen auch die Grünen dort, wo sie in Verantwortung sind, mit ihrem Koalitionspartner. Das zeigt sich auch aktuell in Hessen. Denn es ist erstaunlich still in Wiesbaden – bisher hat sich die schwarz-grüne Hessische Landesregierung nicht zur Aufnahme Geflüchteter im Rahmen einer humanitären Sofortmaßnahme bereit erklärt (mehr dazu hier auf spd-fraktion-hessen.de).