Wetzlarer Nachrichten

Europa ist die Antwort

2019 steht ganz im Zeichen Europas. Einerseits beschäftigt uns die Frage, wie es mit dem Brexit weitergeht. Andererseits wählen wir im Mai ein neues Europäisches Parlament. Dabei stehen die Wählerinnen und Wähler vor der Wahl, wie unser Europa in der Zukunft aussehen soll. Europa ist nicht nur ein gemeinsamer Markt, sondern vor allem ein Friedensprojekt und eine starke gemeinsame Wertegemeinschaft. Es geht um gemeinsame europäische Sozialstandards, die vor Sozialdumping schützen. Es geht um eine gerechte Besteuerung, damit nicht nur die Handwerkerin oder der Handwerker vor Ort, sondern auch Internetgiganten und internationale Konzerne ihre Steuern zahlen. Es geht darum, unser demokratisches System vor Angriffen zu schützen und globale Regeln vor allem zur Einhaltung der Menschenrechte auf der ganzen Welt durchzusetzen.

Im Moment erleben wir am Beispiel des Brexits, was Populismus und verantwortungslose Politik anrichten. Mit Angstmacherei, Lügen und Falschinformationen wurde eine Kampagne für den Brexit in Gang gesetzt, die ihresgleichen in der demokratischen Welt sucht. Die Drahtzieherinnen und Drahtzieher der Kampagnen sowie eine Menge fahrlässiger Politikerinnen und Politiker haben sich aus der Verantwortung gezogen, sobald sich das Desaster abzeichnete. Sie haben Wohlstand und Arbeitsplätze aufs Spiel gesetzt und die Bürgerinnen und Bürger tragen die Last. Niemand kann vorhersehen, wie groß letztendlich der Schaden sein wird – weder im Vereinigten Königreich noch im Rest von Europa. Der Brexit ist jedoch kein Beleg dafür, dass die Europäische Union gescheitert ist. Im Gegenteil, die Zustimmungswerte sind derzeit so hoch, wie seit der Annahme des Vertrags von Maastricht im Jahr 1992 nicht mehr: über 60% der Befragten finden es gut, dass ihr Land Mitglied der EU ist.

Durch den Brexit wird deutlich, welche Vorteile ein Nationalstaat aufgibt, wenn er sich in die Isolation begibt und alle Wege nach außen kappt. Ein einzelner Staat ist kaum noch in der Lage die globalen Herausforderungen unserer Zeit im Alleingang zu lösen. Klimawandel, Frieden, Wohlstand, Flucht und Migration, soziale Absicherung über alle Grenzen hinaus – das sind Fragen, die wir nur gemeinschaftlich und solidarisch lösen können.

Die europäische Idee bleibt der bedeutendste politische und zivilisatorische Fortschritt des vergangen Jahrhunderts: Freiheit, Demokratie und Menschenrechte, wirtschaftliche Zusammenarbeit und politische Partnerschaft über nationale Grenzen hinweg. Ein lang anhaltender Frieden auf unserem von Jahrhunderten der Kriege erschütterten Kontinent. Die europäische Idee ist und bleibt die Antwort auf die großen Aufgaben der Gegenwart und Zukunft. Die Europäische Union ist ein Friedensprojekt, eine Wertegemeinschaft, eine Rechtsfamilie und ein einzigartiges Demokratieprojekt. Und wir können stolz darauf sein, dass sich die Europäische Union den zentralen Problemen unserer Zeit stellt und für Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte weltweit einsetzt.

Europa muss sich verändern und was wir von anderen fordern, müssen wir selber auch durchsetzen. Menschenrechte und Demokratie müssen auch innerhalb der Europäischen Union gelten. Die europaweite Angleichung der sozialen Sicherheit schützt vor Dumpingkonkurrenz und sichert Arbeitsplätze vor Ort. Die Freizügigkeit zwischen den einzelnen europäischen Staaten, das Europa ohne Binnengrenzen, erleichtert nicht nur die Urlaubsreise sondern auch den innereuropäischen Handel. Und ein starker europäischer Binnenmarkt ist nicht zuletzt für uns als Exportregion wichtig. Interkultureller Austausch eröffnet neue Möglichkeiten – insbesondere für junge Menschen –, sorgt für ein besseres Verständnis voneinander und sichert Frieden. Wir sind bereit, in den Zusammenhalt Europas zu investieren, weil Investitionen in ein starkes Europa die beste Grundlage für eine gute Zukunft auch in Deutschland sind.