Doppelverbeitragung bei Betriebsrenten abschaffen | 20.04.2018

Betriebsrenten

In dem Beitrag „Böse Überraschung beim Rentenbeginn“ hat der Hessische Rundfunk in seiner Sendung vom 16.04.2018 darüber berichtet, dass unter bestimmten Umständen bei Auszahlung der Betriebsrente Krankenkassenbeiträge fällig sind. Problematisch ist hierbei vor allem die Tatsache, dass eine 2004 eingeführte Regelung nicht nur für zukünftige, sondern auch für bereits bestehende Verträge gilt. Deswegen empfinden viele Betroffene die Regelung als Vertrauensbruch. Das kann ich nachvollziehen und begrüße, dass es kommenden Mittwoch (25.04.2018) eine Anhörung im Gesundheitsausschuss zu dem Thema geben wird. Das Thema hat uns allerdings schon in der letzten Legislatur beschäftigt.

Zunächst zur Entstehung der Regelung: Im Jahr 2003 brachte die damalige Bundesregierung das Gesundheitsmodernisierungsgesetz in den Bundestag ein. Als Ergebnis der Anhörungen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens setzte der Gesundheitsausschuss seine Beratungen zu dem Gesetzentwurf und den Anträgen aus, da die damalige schlechte Finanzlage (- 8 Milliarden Euro.) der Gesetzlichen Krankenversicherung deutlich wurde. Die große gesellschaftspolitische Bedeutung führte zu parteienübergreifenden Konsensgesprächen.

Nachdem sich die FDP nach der ersten Runde aus den Gesprächen zurückgezogen hatte, fanden CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Kompromiss, der als gemeinsamer Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht wurde und die kritisierte Regelung enthielt. Es war ein ausdrücklicher Wunsch der CDU/CSU-Fraktion im Rahmen dieses Gesetzes ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 15. März 2000 umzusetzen: freiwillig und gesetzlich versicherte Rentnerinnen und Rentner sollten bei der Beitragserhebung gleich behandelt werden und sämtliche Einnahmen der Versicherten bei der Beitragsberechnung miteinbezogen werden. Außerdem sollten regelmäßige Rentenzahlungen nicht stärker belastet werden als Einmalzahlungen (bis zur Gesetzesänderung wurden keine Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge auf Einmalzahlungen aus Direktversicherungen fällig). Im Mai 2006 hat das Bundessozialgericht diese Regelung – wie erwartet – ausdrücklich bestätigt.

Die daraus entstandene so genannte Doppelverbeitragung bezeichnet, dass Betriebsrenten seit dem 01. Januar 2004 mit dem vollen Beitragssatz belastet werden. Zuvor galt hier der ermäßigte Beitrag für Rentnerinnen und Rentner. Durch das neue Gesetz wurde der Beitrag verdoppelt.

Wir als SPD finden die daraus entstandene Doppelverbeitragung ungerecht und uns deswegen auf Basis eines Parteivorstandbeschlusses in den Koalitionsverhandlungen mit Nachdruck dafür eingesetzt, die Beitragsfestsetzung für Betriebsrenten aus Direktversicherungen neu zu regeln. Wir wollen, dass auf Betriebsrenten nicht mehr der volle Beitragssatz erhoben wird, sondern wieder nur die Hälfte. Die auf diese Weise entfallenden Beitragseinnahmen der Krankenversicherungen müssen dann allerdings ausgeglichen werden. In den Koalitionsverhandlungen hat die CDU/CSU eine Lösung für die Doppelverbeitragung wieder aus dem Koalitionsvertragstext gestrichen.

Zurzeit prüfen wir, ob wenigstens eine gewisse Verbesserung für die Betriebsrentnerinnen und Betriebsrentner erreicht werden kann. Bisher gilt eine monatliche Freigrenze von 148 Euro, bis zu der keine Kassenbeiträge für Betriebsrenten gezahlt werden müssen. Wer aber mindestens 149 Euro Betriebsrente ausgezahlt bekommt, der muss den vollen Beitrag zahlen auf die gesamte Summe zahlen. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen aus der Freigrenze eine Freibetragsregelung machen. Das würde bedeuten, dass nur für den Betrag Beiträge fällig werden, der über 148 Euro liegt – bei 149 Euro Betriebsrente müsste also auf 1 Euro Beiträge zur Krankenversicherung geleistet werden.

Die größte Ungerechtigkeit besteht aus meiner Sicht bei der eigentlichen Doppelverbeitragung. Sie besteht dann, wenn die in eine Betriebsrente eingezahlten Beiträge komplett steuer- und sozialversicherungspflichtig gewesen sind. Hier muss letztlich in jedem Einzelfall geprüft werden, wie lange das so gewesen ist, um einen entsprechenden Ausgleich berechnen zu können. Dieses Thema haben wir in Zukunft auf dem Schirm, schnelle Lösungen sind aber leider nicht zu erwarten.

Wir konnten im vergangenen Jahr mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz andere wichtige Verbesserungen umsetzen. Um zukünftigen Bezieherinnen und Beziehern einer Betriebsrente einen Ausgleich für die zu leistenden Krankenversicherungsbeiträge zu geben, haben wir im Rahmen der Reform der Betriebsrente eine Neuregelung eingeführt: Ab 2019 werden Betriebs-Riesterrenten auch nicht mehr krankenversicherungspflichtig. Auch bei der betrieblichen Altersvorsorge mit Entgeltumwandlung konnten wir Verbesserungen für die Versicherten erreichen. Da auch die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber von den gesunkenen Sozialversicherungsbeiträgen bei Entgeltumwandlung profitiert, müssen sie zukünftig mehr zu Gunsten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einzahlen (15% des Beitrages), so dass sich die angesparte Summe entsprechend erhöht und die Auszahlungen am Ende größer ausfallen.