Yo!Groko

Wie es so kam, dass es so kam.

Am Wahlabend des 24. September verkündete die Parteiführung für eine erneute Große Koalition nicht zur Verfügung zu stehen. Vorangegangen war ein Wahlergebnis von 20,5% – ein Ergebnis, das sich andeutete und trotzdem schockierte.
Die Absage an eine erneute Koalition fand vor dem Hintergrund des Ergebnisses (das rechnerisch eine Groko zuließ), vor dem Hintergrund des erklärten Willens der drei Jamaika-Parteien (schon im Wahlkampf), es miteinander versuchen zu wollen und aus der tiefen Überzeugung, dass es kein „Weiter-So“ (was immer das auch genau ist) geben darf, statt.
Nach dem Ende der Jamaika-Verhandlungen wurde die Absage an eine Große Koalition wiederholt – von unterschiedlichen Akteuren in unterschiedlicher schärfe. Der Bundespräsident lud ein und die Dinge nahmen über zwei Parteitage, Sondierungs- und Koalitionsgespräche ihren Lauf.
Jetzt stehen wir konkret vor der Frage für oder gegen den vorliegenden Koalitionsvertrag zu stimmen. Die Fehler die gemacht wurden und die verhinderten, dass wir eine Regierung aus dem Kanzleramt anführen, liegen aber weit vor dem 24. September 2017.
Heute stehen wir vor der Entscheidung in ca. 10 Wochen in einen Bundestagswahlkampf zu ziehen – ohne neues Programm und ohne eine „natürliche“ Kanzlerkandidatur oder erneut auf Basis der Inhalte des Koalitionsvertrags eine Große Koalition mit CDU/CSU zu bilden.

 

Wieso die Groko nicht Schuld ist.

Weder verhindert eine Große Koalition eine erfolgreiche Wahl und Kanzlerschaft wie die SPD und Willy Brandt es gezeigt haben, noch führt eine Oppositionsrolle automatisch zu neuer Stärke und programmatischer Erneuerung. Das musste die SPD in 16 Jahren Opposition während der Kanzlerschaft Helmut Kohls erfahren.
Die Groko hat weder verhindert, dass wir uns den großen Themen der Zeit in einer neuen Radikalität und Klarheit stellen. Sie hat unsere Diskussion darum nicht unmöglich gemacht. Unsere eigene Sprache zu sprechen, mit unserer Politik verständlich an Sorgen, Nöten, Ängsten aber auch Hoffnungen und Wünschen anzuknüpfen und Wege zu weisen, eigene Orientierung zu geben – wer glaubt das habe die Groko verhindert, macht es sich zu leicht. Es ist allein unsere eigene Verantwortung – egal ob Opposition oder Regierung.

 

Wieso wir uns für die Groko entscheiden sollten.

Weil sie uns Möglichkeiten eröffnet. Die Möglichkeit weiter unter Beweis zu stellen, dass wir gut Regieren können. Dass wir aus einer schlechten Ausgangslage das Beste für die Menschen, die uns gewählt haben, herausholen können. Das zeigen die Erfolge, die wir im Koalitionsvertrag erzielt haben. Auch kleine Schritte auf dem Papier können durch Regierungshandeln große Verbesserungen für viele werden. Beispielhaft sind hierfür das Recht auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule, Investitionen in Bildung und Betreuung und der soziale Arbeitsmarkt.

Erneuerung heißt Klarheit in unsere Positionen bringen und unsere politische Kultur wieder zum Leben erwecken.
Die so genannte Erneuerung der Partei wird die eigentliche Aufgabe für die nächsten Jahre. Sie umfasst dabei viele Bereiche.

  1. Unsere Programmatik braucht mehr Klarheit. Wir müssen die Frage beantworten wozu es die SPD im 21. Jahrhundert braucht. Diese programmatische Klarheit erlangen wir nur durch eine breite Beteiligung der Partei und durch das Herbeiführen von klaren Entscheidungen auch in strittigen Themen.
  2. Mit der programmatischen Klarheit brauchen wir auch eine klare Sprache. Oftmals verwenden wir auf den unterschiedlichen Ebenen die Sprache der anderen – wenn zum Beispiel eine emanzipatorische Sozialpolitik als „Wohltaten“ bezeichnet wird.
  3. Wir müssen wieder lernen uns zu streiten – und machen das gerade sehr gut in den Veranstaltungen rund um das Mitgliedervotum. Die offene Diskussion und der Streit um die besten Argumente in respektvoller Art und Weise müssen wieder Leitbild unserer politischen Kultur werden.
  4. Wir müssen unsere Organisations- und Arbeitsweise auf allen Ebenen in Frage stellen, diskutieren und die Möglichkeiten der digitalen Welt besser für uns nutzen.

 

Ich bin optimistisch, dass wir mit dem Zusammenspiel von

  • guter Regierungsarbeit,
  • profilierten Ministerinnen und Ministern,
  • einer starken und eigenständigen Partei und Fraktion,
  • einem breiten inhaltlichen Klärungsprozess
  • und einer Modernisierung der Organisation und Arbeitsweise

schon bald wieder zu neuer Stärke, Selbstbewusstsein und Stolz auf die eigene Partei zurückkehren werden.